Samstag, 27. Dezember 2014

Bungeejumping, Bäume bemalen, Borstenschweine kraulen... Wie recherchierst du?

Was man nicht alles tut für eine gelungene Geschichte...


Hallo ihr lieben,

die letzten Tage habe ich neben der Arbeit am Plot ziemlich viel Recherche betrieben. Für "Frau B." gibt es eigentlich nicht allzu viel zu recherchieren. Sie lebt in einem beschaulichen, erfundenen Dorf, hat einen bodenständigen Beruf und eigentlich auch relativ normale Menschen um sich herum. Interessant sind lediglich manche Kleinigkeiten, die wahrscheinlich eher dazu dienen, mir ein genaueres Bild von meinen Charakteren zu machen. Recherchiert habe ich bisher also hauptsächlich im Internet. Ich war viel auf Wikipedia unterwegs und selbstverständlich auf youtube. Bilder sind halt einfach eindrucksvoller als geschriebener Text, wenn es darum geht, sich "ein Bild von etwas zu machen".


Kurioses


Bei dieser trotz allem recht interessanten Recherchearbeit, habe ich mich gefragt, wie denn andere Autoren ihre Recherche betreiben. Anstoß dazu gab unter Anderem ein Beitrag auf RTL II über Wolfgang Hohlbein. Natürlich in gewohnt gekonnter RTL (II)-Dokumentationsmanier: (Wir wollen wissen, wie Hühner Eier legen, also fahren wir erst zur weltgrößten Hühneruasstellung nach Timbuktu, um zu erfahren wie viele Hühnerarten es überhaupt gibt. Dann besuchen wir einen Experten in Oklahoma, der alles über die Evolution von Hühnern weiß. Danach fragen wir Jumbo, wo man die besten Chickenwings bekommt, um dann beim Bauern nebenan endlich eine Antwort auf unsere Frage zu bekommen...) In dieser Dokumentation wurde nun also Hohlbein bei seiner Recherche begleitet. Er arbeitet momentan an dem Vampirroman "Irondead". Somit stellte er sich die Frage, wie es sich wohl anfühlt, zu fliegen. Als erstes musste ein Modellflugzeug her. Ist doch klar... Dann kamen Ausflüge in den Freizeitpark, mit Achterbahn und Freefalltower. Zu guter Letzt, und wahrscheinlich am nächsten zum Flugerlebnis eines Vampirs, machte er einen Tandemsprung aus dem Flugzeug.
Man mag ja von den Dokumentationskünsten des genannten Fernsehsenders halten, was man will. Aber die Frage, wie viel man für einen Roman recherchieren sollte, hat mich danach trotzdem noch eine Weile verfolgt.


Kurz darauf, habe ich auf facebook einen interessanten Artikel entdeckt. (Danke Ben fürs teilen). Und zwar mit dem Titel: "Was Kreative sich antrainieren sollten" von Peter Breuer. In dem Artikel geht es eigentlich um Kreativität. Darum, dass das kreativ sein ein Beruf ist, wie jeder andere, der auch müde macht und Arbeit erfordert. Für ihn ist eine bestimmte innere Haltung der Schlüssel zum Erfolg:
"Die persönliche Haltung, die man sich dazu antrainieren sollte, ist das Denken eines Künstlers, der seine Umwelt in jedem einzelnen Moment gestalten will."
Als er an einem Text nicht weiter kommt, und immer das Wort Birke im Kopf hat, fährt er kurzerhand in den Baumarkt, kauft sich Farbe und fährt damit in den Wald. Dort bemalt er eine Buche als Birke. Zurück am Schreibtisch lief das Schreiben dann wieder "wie von Selbst".


Auch Thomas Kohlschmidt beschreibt ein interessantes Erlebnis bei den Recherchen zu seinem Roman "Blind". In der Geschichte verlieren die Helden plötzlich ihr Augenlicht und müssen in absoluter Dunkelheit agieren.  In Hamburg gibt es eine Begegnungsstätte für blinde und sehende Menschen. Unter dem Motto "Dialog im Dunkeln" kann man als Besucher in kompletter Dunkelheit mehrere Räume durchlaufen. Eine wunderbare Gelegenheit für seine Recherche! Er bemerkt dabei, dass im Dunkeln schon Kleinigkeiten zum Problem werden können. Wir sind es einfach nicht gewohnt, uns auf andere Sinne als den Sehsinn zu verlassen. Als ungeübter Blinder, verliert man z.B. bei kleinsten Steigungen das Gleichgewicht oder hat Schwierigkeiten an der Kasse, da man Geldscheine nicht auseinanderhalten kann.



Wie viel Recherche ist denn wirklich nötig?


Aber wie viel Recherche benötigen wir denn wirklich für einen gelungenen Roman? Müssen wir all das ausprobiert haben, was unsere Helden tun? Zum Glück nicht! Wir haben ja genug Vorstellungsvermögen. Außerdem ist ein Roman ja eine erfundene Geschichte.  Und trotzdem benutzen wir oft Orte, die es tatsächlich gibt oder werfen unsere Charaktere in ein geschichtliches Setting, das es tatsächlich gab. Um dabei glaubwürdig zu erscheinen, ist es wichtig, nicht alles frei zu erfinden. Das ein oder andere geschickt eingestreute korrekte Detail lässt die Geschichte glaubwürdig erscheinen. 

Andreas Eschbach vertritt in dem Artikel Wie man recherchiert  die Meinung, dass man auf Logik im strengeren Sinne nicht verzichten sollte, man die faktische Wirklichkeit aber verändern kann. 

"Es geht darum, die Geschichte tief und rund und glaubwürdig zu machen. Es ist wichtiger, die Details am RANDE zu recherchieren - wie z.B. wenn in Irland ein Mord passiert, wie heißt die Polizeieinheit, die sich damit befaßt? Welche Dienstgrade gibt es da? -; wie Zeitreisen und Cyborgs funktioneren, da darf sich dagegen die Phantasie des Autors austoben."

Außerdem macht es durchaus mitunter Sinn, die Realität zu verfälschen. Boris Maggioni bringt hierfür in seinem Buch ROMANE SCHREIBEN für Anfänger und Fortgeschrittene ein interessantes Beispiel. Es gibt Berufsgruppen (er nennt hier Ärzte, aber mir sind auch gleich Piloten eingefallen), die in ihrem  Berufsalltag eine Sprache verwenden, mit der ein normaler Leser vermutlich nichts anfangen kann. Kurze, knappe Aussagen, meist Abkürzungen. Für einen Leser wenig informativ und vermutlich totlangweilig. Eine OP Situation, oder die Kommunikation des Piloten mit dem Tower, kann also, dem Leser zuliebe verfälscht werden. Klar wird einem Arzt auffallen, dass das was da steht mit seinem Berufsalltag nichts zu tun hat. Aber ich denke, die meisten Ärzte, werden in diesem Fall Verständnis für den Autor und die anderen Leser aufbringen.


Ich selbst bin bei meinen Recherchen auf ein interessantes Video gestoßen. Eine meiner Hauptfiguten besitzt eine Kreidefabrik. Für mich war es nicht leicht, mir ein Bild von dem Charakter zu machen. Ich wusste grob, wie sie sein muss, um in die Geschichte zu passen. Aber trotzdem war sie für mich nicht greifbar. Also wollte ich rausfinden, in welchem Umfeld sie sich täglich bewegt. Ich habe ein paar Videos über Kreideherstellung in Fabriken gefunden (was wichtig war für meine Recherche). Aber am interessantesten fand ich ein Video, wahrscheinlich aus Afrika. Dort wird noch alles von Hand gemacht. Das Video will ich euch natürlich nicht vorenthalten: Video Kreideherstellung



Fazit:


Recherche ist ein wichtiges Mittel zur Ideenfindung, um Geschichten glaubwürdiger, tiefer und angerundeter erscheinen zu lassen. Gleichzeitig muss man aufpassen, dass man den Leser nicht mit Details überhäuft und damit langweilt. Romane leben von der Fantasie des Autors. Also können wir uns, wo es nötig ist, jederzeit die künstlerische Freiheit nehmen, und die Realität zu unseren Gunsten verdrehen.

In diesem Sinne wünsche ich euch viel Spaß und Erfolg bei euren zukünftigen Recherchen.

liebe Grüße,
Sabi


P.S.: Hier noch ein paar Lesetipps:

http://www.egmont-lyx.de/gute-recherche-ist-der-halbe-roman/
http://www.experto.de/b2c/hobby-freizeit/kreativitaet/wie-recherchiere-ich-im-alltag-fuer-einen-roman.html
 http://autorwerden.net/kreatives-schreiben-und-recherche




4 Kommentare:

  1. Wow, du hast schon ein paar spannende Texte veröffentlicht. Ich werde in Zukunft öfters vorbei schauen:-)

    Ich begrüsse dich ganz herzlich als neue Leserin und hoffe, dass du die letzten Stunden des alten Jahres noch geniessen und gut und gesund ins Jahr 2015 rutschen kannst.
    Gerne lade ich dich noch persönlich zu meinem letzten gemütlichen Lese-Miteinander im Jahr 2014 ein. Es wird morgen um 16.00 Uhr starten. Alle weiteren Infos findest du hier:
    http://samtpfotenmitkrallen.blogspot.ch/2014/12/ankundigung-6-gemutliches-lese.html

    Ganz liebe Grüsse
    Livia

    AntwortenLöschen
  2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

    AntwortenLöschen
  3. Hallo Livia,

    vielen Dank :-) freut mich, wenn dir die Texte gefallen!
    Ich werde auf jeden Fall morgen mal vorbei schauen und mir ansehen, wie das Lese-Miteinander so abläuft. Vielleicht schließe ich mich dann auch noch spontan an.

    Viele liebe Grüße,
    Sabi

    AntwortenLöschen
  4. Ich wurde erwääääääääähnt! Aber schöner und interessanter Artikel. Vielleicht sollte ich mich auch mal bei RTL2 bewerben, wenn die einem so viele lustige Sachen spendieren :D

    Dein Benny-Bunny

    AntwortenLöschen