Dienstag, 1. April 2014

Schreibkick #5: Alles Banane! - Teil 1

Candlelight dinner


Aus der Küche duftete es verführerisch nach angebratenen Zwiebeln, Knoblauch und Tomaten. Aus dem Ofen stieg der Geruch von gebratenem Hähnchen und eine würzige Suppe kochte auf dem hinteren Kochfeld vor sich hin. Vorne standen zwei große Töpfe, einer voll mit Nudeln, ein anderer mit einer mediterranen Tomatensoße. Neben dem Herd türmten sich Schneidebrettchen, Messer, Schälchen, Mörser und Messbecher auf. Sybill holte Besteck und Teller aus dem Küchenschrank und brachte sie in ihr Zimmer, wo sie sie liebevoll auf dem Tisch anordnete. Es sollte alles hübsch aussehen. Das Chaos in ihrem Zimmer das immer herrschte, wenn sie den ganzen Tag über für die Uni gelernt hatte, hatte sie bereits aufgeräumt und auf dem Tisch war noch genug Platz für all das Essen. Die gelben Untersetzer die so perfekt zu ihrem grünen Geschirr passten hatte sie auch bereits auf dem Tisch platziert. Fehlte eigentlich nur noch das Essen.  Sie ging zurück in die Küche und schmeckte die Tomatensoße noch einmal ab. Sie schmeckte verführerisch nach frischen Tomaten, Oregano und Thymian. Nach und nach trug sie alles in ihr Zimmer. Zusammen mit dem Hähnchen, den Frühlingsrollen vom Asia-Imbiss,  den bereits vorbereiteten belegten Broten und dem Nachtisch, welcher aus Joghurt mit Obst bestand musste sie vier Mal laufen, bis sie alles hinüber getragen hatte. Sie platzierte alles so, dass es einladend aussah und zündete sogar noch eine Kerze an. Sie setzte sich auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch und schaltete den PC ein. Das Mikrofon war von gestern noch eingestellt, die Webcam ebenso. Sie musste sich nur noch einloggen, den privaten Channel für heute Abend öffnen und das Passwort verschicken.
Ungeduldig trommelte sie mit ihren Fingern auf der Tischplatte, während der Ladebalken des Chats sich im Schneckentempo füllte. Sie hatte Hunger, seit gestern Abend hatte sie nichts mehr gegessen. Mit einem „Pling“ kündigte ihr der Chat an, dass der heutige Kunde im Chat war. Sybill begrüßte ihn wie immer, lächelte süß, winkte in die Kamera und präsentierte ihr Essen. Sie begann mit der Suppe. Die war noch heiß und sie verbrannte sich daran, als sie den ersten Löffel nahm. Sie kicherte und tat so, als fände sie ihr Missgeschick unglaublich lustig. Das Ganze war für sie längst zur Routine geworden. Essen, niedlich aussehen, ab und an ein wenig kichern, erzählen wie das Essen schmeckt, was drin war, wie man es zubereitet hatte, nett sein und ein bisschen was aus dem Leben erzählen. Wenn man sich dann noch merkte, wie die Katze des Kunden hieß oder die Kellnerin, die ihm jeden Tag das gute Eis brachte und der er anscheinend hinterher stellte, hatte man sie eigentlich bereits an der Angel und sie kamen immer wieder. Bis sie eine andere fanden, die süßer lächelte, anderes Essen kochte oder irgendetwas Spezielles machte, das dem Kunden besser gefiel. Food Porn. Es war mal so einfach. Online gehen, wer zuschalten wollte, konnte zuschalten. Mehrere 100 User gleichzeitig, ein Mal täglich öffentlich essen und das Studium war finanziert. Doch die wenigsten hatten damit momentan noch Erfolg. Einer unter vielen zu sein war lange nicht mehr gefragt. Nein, jetzt wollten sie sich persönlich unterhalten, Kontrolle über die Mädchen. Persönliche Betreuung. Also drei Mal am Tag Abendessen, mindestens, damit genug Geld rein kam. Und dabei schlank, süß, kindlich und hübsch bleiben. An ihren Alltag aus kochen, essen und kotzen hatte sie sich schon längst gewöhnt. Zwischendrin lernen für die Uni und wieder kochen, essen, kotzen, kochen, essen, kotzen. Und beim Einkaufen nur nie die Mundspülung vergessen.
Sie hatte bereits die die Suppe aufgegessen, die Hälfte des Hähnchens und die Nudeln mit der Soße. Jetzt wurde es Zeit für den Nachtisch. Normale Portionen reichten ja nicht. Nein, es mussten schon jedes Mal mindestens drei Gänge ein. Der Tisch musste voll stehen mit Essen und es sollte möglichst wenig übrig bleiben. Die andere Hälfte des Hähnchens würde sie nachher wieder aufwärmen, hübsch zurechtmachen und in der nächsten Runde verdrücken, wenn ihr Magen wieder leer war. Im Moment passte nicht viel mehr rein. Beim dem Gedanken, das Ganze noch einmal Essen zu müssen wurde ihr bereits ein wenig übel. Aber sie wusste, dass dieses Gefühl vergehen würde, wenn sie erst mal auf dem Klo war. Sie verschlang auch noch den Obstsalat und zauberte dann mit einem lasziven Lächeln die Bananen unter dem Tisch hervor, die sie dort auf dem Schubladenschränkchen platziert hatte. Das war ihre Masche. Sich ein wenig die Lippen lecken, verführerisch lächeln, langsam die Banane schälen und genussvoll, langsam, spielerisch aufessen. Irgendein Kunde hatte sie einmal dafür gelobt, wie sexy sie Bananen isst und hat das immer wieder von ihr verlangt. Mit der Zeit hat es sich rumgesprochen und immer mehr Männer fragten sie danach. Sie tat ihnen den Gefallen. Auch wenn sie sich dabei nicht sonderlich wohl fühlte. Sie wollte gar nicht wissen, was ihr Gegenüber am anderen Ende der Welt tat, während er ihr bei diesem Spielchen zusah und ihr immer wieder Anweisungen gab, was sie tun sollte. Aber diesen Gedanken blendete sie aus. Es konnte ihr ja eigentlich auch egal sein. Es lagen vermutlich hunderte Kilometer zwischen ihr und den Männern. Immerhin konnte sie dadurch mehr verlangen. Sie drückte sich das letzte große Stück Banane in den Mund, kaute und lächelte noch einmal in die Kamera. Dann war es auch schon wieder vorbei. Noch eine Verabschiedung und den Channel schließen. Erschöpft und voll saß sie auf ihrem Stuhl. Sie fühlte sich, als würde sie gleich platzen. Jetzt das Geschirr zusammen räumen, aufs Klo, ins Bad, das Essen wieder aufkochen, hübsch platzieren, neue Bananen zurecht legen und den nächsten Kunden für heute Abend glücklich machen.

Die Geschichte ist frei erfunden und hat vermutlich nicht viel mit "Meok-Bang" dem eigentlichen Food-Porn zu tun. Wens interessiert: 

Meok-Bang - The Diva und nein, eigentlich machen die da auch keine unanständigen Sachen ;-) aber dann hätte ich nicht gewusst, wie ich die Bananen einbauen soll...
Vielen Dank Apfelkern, für die Inspiration zu dem Text ;-)

6 Kommentare:

  1. Echt gut!! Gefällt mir sehr!
    Interessanter Ausblick auf die möglicherweise zukünftige Entwicklung des Food Porn-Phänomens ;) und ziemlich realistisch dabei, huuh... man hat das Gefühl, direkt dabei zu sein.

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  4. Hey Ka,

    dankeschöööön :-) freut mich, wenn dir der Text gefällt :D

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  5. Am Anfang ist noch alles harmlos, man erwartet sich ein Date und dann dieser Plot-Twist! Große Klasse, Sabi, echt toll gemacht!
    Das Ende läuft ein bisschen aus, aber die Geschichte ist super. =)

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