hier ist mein Beitrag zum Thema Gartenzwerg, Sonnenaufgang, Apokalypse.
Naja, die erste Hälfte davon. Zu mehr bin ich einfach nicht gekommen. Die Fortsetzung folgt aber in den nächsten Tagen.
Edit: jetzt isses fertisch.
Theodor
Theodor blickte über den Garten. Die Wiese war saftig grün
mit kleinen roten, gelben und blauen Farbtupfern. Der Geruch von frisch
gemähtem Gras stieg ihm in die Nase. Er atmete tief ein. Er spürte die Wärme
der aufgehenden Sonne. Der Horizont erglühte in strahlendem goldgelb und
glutrot. Auf der Straße hinter dem Garten war es noch still. Kaum ein Mensch
war unterwegs. Nur Theodor stand hier und wachte über sein Reich. In seinem
Garten war alles Bestens. Der Frosch saß am Teich und bewunderte seine goldene
Kugel. Die Bergarbeiter-Gartenzwerge standen an der Pforte auf der steinernen
Mauer und taten so, als würden sie jederzeit mit der Arbeit beginnen. Das
Gartenzwergenmädchen stand am Eingang zur Terrasse, bereit, jeden Besucher
freundlich zu empfangen. Als Theodor den Blick hinüber zum Haus streifen ließ,
sah er Susanna hinter dem Fenster. Sie hatte eine Gießkanne in der Hand und war
gerade dabei, die vielen Blumen im Haus zu gießen. Theodor kannte das Haus
recht gut von innen. Er und all die anderen in seinem Garten hatten das große
Glück, eine Besitzerin zu haben, die sie über den Winter hinein holte. Er hatte
schon im Wohnzimmer an der großen Glasfront, in der Küche über der Spüle und im
Arbeitszimmer unterm Dach gewohnt. Wenn dann das neue Frühjahr begann, sah sich
Susanna all ihre Gartenmitbewohner genau an. War irgendwo Farbe abgeplatzt oder
fehlte etwas, setzte sie sich mit Pinsel und Tonmasse hin und besserte die
fehlerhaften Stellen aus. Erst danach wurden sie wieder in den Garten gelassen.
Wenn Theodor hingegen in den Garten der Nachbarn blickte, bekam er Mitleid mit
den Zwergen und Tieren dort. Einer der Zwerge hatte nicht mal mehr ein Auge.
Lange Zeit hatte dort sogar ein Flamingo ohne Kopf gestanden. Dieser Anblick
hatte Theodor immer besonders deprimiert. Im letzten Winter hatten sie ihn dann
aber endlich weggenommen. Theodor hoffte, sie hatten ihm wenigstens ein
würdiges Ende beschert.
Als Theodor zur Straße blickte, sah er eine bekannte
Silhouette auf das Haus und den Garten zukommen. Das war der Nachbar Uwe, der
Sonntags oft zum Frühstück bei Susanna und ihrem Mann rein schaute. Er hatte
immer einen großen Korb unter dem Arm. Was darin war hatte Theodor noch nie
gesehen. Aber heute war irgendetwas anders an Uwe. Er ging irgendwie
hektischer, so, als würde etwas ihn an seinen Armen nach vorne ziehen. Theodor
konnte nicht sehen, ob da etwas war. Die Gartenmauer versperrte ihm die Sicht.
Aber Uwe ging leicht nach hinten gebeugt, und abgehackt. Sein Oberkörper zuckte
immer wieder leicht hin und her. Als er näher an die Mauer kam, konnte er sein
zorniges Gesicht sehen. Irgendetwas schien ihn zu stressen. Dann, kurz bevor
Uwe durch das Gartentor trat, sah Theodor, was ihm vorauseilte. Drei riesige,
kräftige Hunde. Sie zerrten an der Leine, leckten sich über die Lefzen,
sabberten und blickten wild um sich. Der vorderste war schneeweiß, der in der
Mitte fuchsrot und der hinterste rabenschwarz. Sie zerrten mit ganzer Kraft an
der Leine. Theodor fragte sich, wie Uwe diese Biester überhaupt dazu hatte bewegen
können, den Weg zu gehen, den er gehen wollte. Als Uwe dann zuckend durch das
kleine Gartentor trat, entdeckte Theodor noch einen vierten Hund. Er war viel
dünner als die anderen. Er war aschgrau und man konnte seine Rippen sehen.
Irgendwie wirkte er fahl. Aufrecht, die Nase in die Höhe gereckt, schritt er
neben Uwe her. Ungläubig betrachtete Theodor das Gespann, das da an ihm vorbei
zog. Wo hatte Uwe sich nur diese Biester eingefangen? Freiwillig hatte er sie
bestimmt nicht bei sich, seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen. Nach wenigen
Sekunden waren sie an Theodor vorbei und um die Hausecke gebogen. Jetzt konnte
er nur noch das Scharren ihrer Krallen auf den Pflastersteinen hören. Kurz
darauf erklang die Türklingel, was mit einem ohrenbetäubenden Gebell quittiert
wurde. Uwes Schreie, welche Theodor nicht verstand gingen in dem Getöse unter.
Dann wurde das Gebell leiser und dumpfer und verstummte schließlich ganz.
Nach einiger Zeit, in der es beinahe unheimlich still war,
hörte er ein Kratzen und Scharren hinter sich an der Terrassentüre. Hinter dem Glas sah er die
Hunde aufgeregt hin und her wetzen. Immer wieder tauchte einer auf und
verschwand wieder. Dann erschien Uwe hinter dem Glas und öffnete die Tür. Mit
lautem Gebell stürzten die Hunde ins Freie. Auf der Wiese angekommen, begannen
sie miteinander herum zu tollen. Nachdem Uwe die Hunde ein paar Sekunden
beobachtet hatte, schloss er die Tür wieder. Theodor fand das alles nicht
lustig. Diese riesigen, wilden Hunde machten ihm Angst. Die drei kräftigen machten
sich sofort daran, den ganzen Garten zu erkunden. Der Schwarze stürmte, gefolgt
von dem Roten, an der Mauer entlang. Dort schnüffelten sie alles ab. Als der
schwarze Hund sein Bein hob, um das Revier zu markieren, wandte Theodor sich
ab. Es war ihm überhaupt nicht recht, wie diese drei seinen Garten stürmten. Sie
nahmen keinerlei Rücksicht darauf, was ihnen in den Weg kam. Achtlos trampelten
sie durch die sorgsam angelegten Blumenbeete. Der weiße Hund war unterdessen unterwegs zum
Teich. Nachdem er ein, zwei Mal am Wasser geschnuppert hatte, sprang er aus dem
vollen Galopp hinein. Dabei riss er den Frosch mit ins Wasser. Theodor
erschrak. Der Frosch landete kopfüber auf der aufgewühlten Wasseroberfläche.
Jetzt konnte er nur hoffen, dass er dort oben weiter treiben würde, bis ihn
jemand fand. Wenn er erst einmal unter gegangen war, würde er wohl am Grunde
des kleinen Teiches auf ewig liegen bleiben. Der weiße Hund kletterte wieder
hinaus aus dem Wasser, drehte übermütig einige Runden um den Teich und sprang
dann wieder hinein. Immer wieder wurde der Frosch von seinen Pfoten getreten
und schaukelte wie wild auf den Wellen.
In dem Moment hörte Theodor hinter sich ein schabendes
Geräusch. Der schwarze und der rote Hund hatten ihren Rundgang beendet und
begannen nun, Löcher in den Rasen zu graben. Theodor blieb fast die Luft weg.
Er wollte schreien, hin rennen und ihnen seine Schaufel über den Kopf ziehen.
Aber er war regungslos. Gartenzwerge waren eben nicht für solche Dinge gemacht.
Und so stand er nur da und beobachtete fassungslos, was da in seinem Garten
geschah. Da sah er, dass einer der Köter das Gartenzwergenmädchen im Maul
hatte. Ihm blieb fast die Luft weg. Hilflos blickte sie ihn aus ihren starren
Augen an. Theodor überkam die Wut. Aber er konnte nichts tun, als hilflos zusehen,
wie sie ein Loch nach dem anderen buddelten und den schönen, gepflegten Rasen
zerstörten, auf der Suche nach dem perfekten Grab für das Gartenzwergenmädchen.
Plötzlich bekam Theodor einen Schlag auf den Hinterkopf. Er
fiel. Noch im Fallen sah er große, weiße Tatzen über sich hinweg streifen. Der
weiße Hund hatte sein Badevergnügen beendet und war nun unterwegs zu den beiden
anderen. Sofort begann auch er mit dem Gebuddel. Der Garten sah mittlerweile
aus wie ein Trümmerfeld. Im Gras waren tiefe, braune Krater. Das Hohe Schilf,
das um den See herum wuchs, war plattgedrückt und durchnässt. Von den Seerosen
war nichts mehr zu sehen, ebenso von dem Frosch. Die Blumenbeete glichen einem
Schlachtfeld. Da traten dünne, knochige, fahle Beine in sein Blickfeld. Ganz
nah. Theodor lag auf der Seite. Er konnte den Kopf des Hundes zwar nicht sehen,
wusste aber, dass es der vierte, der abgemagerte Hund sein musste, der nun vor
ihm stand. Wäre er dazu in der Lage, er hätte jetzt wohl eine Gänsehaut
bekommen. Ein großes Maul mit spitzen Zähnen beugte sich zu ihm hinunter. Dann
wurde er in die Höhe gehoben. Theodor bekam Panik. Was würde der Hund mit ihm
tun? Wollte er ihn auch vergraben? Wo waren nur Uwe und Susanna. Sie konnten die
Hunde doch nicht so lange unbeaufsichtigt lassen! Während der fahle Hund ihn
langsam und gemächlich in eine andere Ecke des Gartens trug, konnte Theodor
noch sehen, wie der schwarze und der rote Hund augenscheinlich das richtige
Grab für das Gartenzwergenmädchen gefunden hatten. Sie ließen sie hinein fallen
und machten sich daran, das Loch zu zu schaufeln. Dann verschwanden sie aus
seinem Blickfeld. In der hinteren Ecke des Gartens, wurde Theodor abgelegt. Er
hatte den Blick in Richtung Mauer gedreht, so dass er nicht mehr sehen konnte,
was im Garten vor sich ging. Der fahle Hund drehte noch ein paar Runden um ihn.
Theodor hatte Angst. Er wusste nicht, was der Hund mit ihm anstellen wollte.
Aber augenscheinlich wollte er ihn nicht verbuddeln. Theodor hatte nur leider
überhaupt keine Ahnung, was Hunde sonst mit ihrer Beute machen konnten. Zum
gefressen werden taugte er schließlich nicht. Dann legte der Hund sich hin und
nahm Theodor zwischen seine Pfoten. Dabei drehte er ihn so, dass er wieder den
Garten sehen konnte. Die drei kräftigen Hunde hatten anscheinend soeben das
Grab des Gartenzwergenmädchens fertig verschlossen und schauten sich nach der
nächsten Dummheit um, die sie begehen konnten. Wild hechelnd standen sie da,
die Zungen heraus hängend.Da spürte Theodor Zähne an seiner Zipfelmütze. Der
fahle Hund begann genüsslich an seiner Mütze zu nagen. Theodor spürte, wie sein
schöner, glatter Lack abgekratzt wurde von den scharfen Zähnen des Hundes. Ihm
wurde ganz flau im Magen. Würde Susanna, wenn sie ihn fände, noch mögen? Würde
sie seine Kratzer auffüllen und ihn neu lackieren? Oder würde er ein trauriges Ende
auf irgendeiner Mülldeponie finden?
Doch weiter kam Theodor in seinen Gedanken nicht. Denn in
diesem Moment sah er, dass die drei übrigen Hunde die Mauer erklommen hatten
und in einer aberwitzigen Geschwindigkeit auf die drei Bergarbeiterzwerge zu
rasten. Immer näher und näher kamen sie dem Gespann. Theodor hielt den Atem an.
Er war sich sicher, dass die drei einfach durch die Zwerge hindurch rennen
würden. Es waren nur noch wenige Meter, Theodor kniff die Augen zusammen. Er
wollte den Aufprall nicht sehen. Doch dann, plötzlich, blieben sie stehen, als
ein Geräusch vom Haus kam. Der vorderste, schwarze Hund war nur wenige
Zentimeter von den Zwergen entfernt. Theodor atmete erleichtert auf. Auch der fahle Hund ließ von der Zipfelmütze
ab. Die Balkontüre wurde geöffnet. Dann ertönte ein Schrei. Uwe brüllte die
Hunde an. Was ihnen einfiele, sich so zu verhalten. Der ganze Garten sei ein
Schlachtfeld. Mit großen unschuldigen Augen blickten die Hunde zur offenen Terrassentüre
hinüber. Da drehte der schwarze Hund, seinen Hintern ein Stück zur Seite. Dabei
rammte er die Gartenzwerge. Sie fielen. Für eine Sekunde herrschte Stille. Dann
ertönte ein Scheppern, das Theodor durch Mark und Bein ging. Das Gebrüll begann
von neuem. Jetzt setzten sich die Hunde in Bewegung. Mit hängenden Köpfen
machten sie sich auf den Weg zu ihrem Herrchen. Erneut stapften sie quer durch die Blumenbeete. Aber das machte
nun auch nichts mehr aus. Wenige Sekunden später waren sie im Haus
verschwunden. Theodor lag im Eck und war traurig. All das, was er so sehr
geliebt hatte, lag in Trümmern. Der Garten war sein Stolz, seine Heimat
gewesen. Jetzt war kaum mehr etwas davon übrig. Innerhalb weniger Minuten war
sein Leben auf den Kopf gestellt worden. Er würde gerne aufstehen, etwas tun. Das
Gartenzwergenmädchen ausgraben, nach dem Frosch tauchen. Nachsehen, ob die
Bergarbeiterzwerge noch zu retten waren. Kleber konnte Wunder wirken. Doch er
war nur ein Zwerg. Er konnte nur hier liegen und warten. Warten und hoffen,
dass Susanna käme, und alles wieder in Ordnung brachte.
Diesen Monat dabei:
Nicole Vergin
Nicole Vergin
Das Thema für den 1.4.2015 ist: Gehässige Schlangen und großartige Städte
(dank dem Buchtielgenerator)
hi süße,
AntwortenLöschendas ist schon ein sehr guter anfang, bin schon auf die fortsetzung gespannt :)
ich hab ja diesen monat irgendwie nichts zustande gebracht. viel spaß bei der fortsetzung!
hab dich lieb!
deine schreibfee