Hallo ihr lieben,
heute ist es wieder so weit. Es gibt eine neue Folge meines Blogromans "Stille". Mia hatte ja bereits beschlossen, die Klinik heimlich zu verlassen, um auf eigene Faust herauszufinden, was ihr passiert ist... wird es ihr gelingen?
heute ist es wieder so weit. Es gibt eine neue Folge meines Blogromans "Stille". Mia hatte ja bereits beschlossen, die Klinik heimlich zu verlassen, um auf eigene Faust herauszufinden, was ihr passiert ist... wird es ihr gelingen?
Viel Spaß!!!
Kapitel 4
Vorsichtig
stand Mia auf und kritzelte eine kurze Nachricht für Lilly auf ihren Block, den sie neben ihr Bett legte. So leise wie möglich zog sie
sich ihre Jeans, ein T-Shirt und einen Pullover an. Ihre Jacke packte sie in
ihre Sporttasche, ebenso die anderen Shirts die sie gerade in die Finger bekam.
Ihr Handy und ihren Geldbeutel steckte sie in die Hosentaschen. Als sie sich gerade
die Schuhe zu binden wollte, entschied sie sich anders. Sie zog die Schuhe
wieder aus und legte sie oben auf die Sporttasche. Ohne Schuhe würde es
leichter sein, unbemerkt zu bleiben. Mit vorsichtigen Schritten näherte sie
sich der Tür und legte ihre Hand auf die Klinke. Langsam drückte sie sie
herunter. Dann zog sie die Türe vorsichtig auf. Das Gebäude war zum Glück recht
neu, so gab die Türe nur ein sehr leises, schleifendes Geräusch von sich, als
Mia sie öffnete. Sie blickte auf den Gang hinaus. Nichts. Absolute Leere. Aus dem
Schwesternzimmer konnte sie leises kichern hören. Auf Zehenspitzen lief sie
los. Als sie an dem breiten Treppenhaus
angelangt war, ging sie zügig zur Treppe und die kalten Stufen ins Erdgeschoss
hinunter. Damit war das erste Hindernis geschafft. Im Treppenhaus gab es keine
Fenster, durch die sie aussteigen konnte. Also musste sie an dem Nachtportier
vorbei, der am Eingang saß. Sie hoffte,
in einem der Seitengänge, wo sich die Therapieräume befanden, einen offenen
Raum zu finden. Von dort aus konnte sie dann durch eines der Fenster fliehen.
Sie blickte um die Ecke. Der Portier saß in seiner Glaskabine und las eine Zeitung. Seine Füße hatte er auf den Schreibtisch gelegt. Es war Bernhard, ein netter, gemütlicher älterer Herr, der immer zum Scherzen aufgelegt war. Sie erkannte ihn an dem Ring mit der großen Schlange, welcher an seiner Hand zu sehen war. Wenn er die Zeitung aus der Hand legen würde, würde er genau in ihre Richtung schauen. Kurz wog sie ihre Möglichkeiten ab. Hier abwarten, bis er zu einer Kontrollrunde aufbricht, oder vorbei schleichen. Doch ihre Möglichkeiten sich hier im Treppenhaus zu verstecken waren nicht besonders gut. Sie konnte nur hinaus in die Eingangshalle, oder wieder nach oben fliehen. Abwarten war also riskant. Sie blickte noch einmal hinaus in die leere Halle und hinüber zu Bernhard. Auf dem Tisch waren nur seine Schuhsolen zu erkennen. Dahinter die aufgeklappte Zeitung zwischen seinen Händen. Eigentlich durfte er aus den Augenwinkeln nur den Eingang selbst, rechts neben sich erkennen. Der Rest des Raumes musste für ihn hinter seiner Zeitung verborgen liegen. Mia atmete noch einmal tief durch. Zügig, aber nicht zu schnell um keine Geräusche zu verursachen, lief sie durch die Halle, auf den offenen Seitengang zu. Ihre Sporttasche hatte sie umgehängt und presste sie mit ihrer rechten Hand an den Rücken, damit sie nicht wackeln und Geräusche von sich geben konnte. Ab und an blickte sie zu Bernhard hinüber. Weiterhin war nichts außer der Zeitung zu sehen. Sie hatte bereits über die Hälfte des Raumes durchquert, als sie es hinter sich rascheln hörte. Erschrocken drehte sie sich um. Aber der Portier hatte wohl nur umgeblättert. „Warum diese Stars sich gerne nackt zeigen“ stand als Headliner auf der ersten Seite. Die BILD-Zeitung. Irgendwie passte das zu ihm. Vorsichtig wandte Mia sich wieder ihrem Ziel zu und schlich weiter. Nur noch wenige Schritte, dann war es geschafft. Auf den letzten Metern hielt sie vor Spannung fast den Atem an. Sie musste sich bremsen, um nicht einfach los zu rennen, so nervös war sie. Dann erreichte sie endlich den Gang. Vorsichtig atmete sie aus und lehnte sich gegen die kühle Wand. Als sie gerade einige Sekunden verschnaufen wollte, hörte sie, wie Bernhard draußen mit der Zeitung raschelte, vom Stuhl aufstand und die Türe seiner Glaskabine öffnete. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Schnell wandte sie sich der ersten Tür rechts neben sich zu, drückte vorsichtig die Klinke hinunter. Sie war verschlossen. Hastig schlich sie weiter zur nächsten Türe. Ebenfalls verschlossen. Jetzt konnte sie die schweren Schritte des Portiers hinter sich auf dem Gang hören. Die Türe gegenüber. Auch zu. Bernhard ging gewohnt gemütlich über den Flur. Die vierte Türe. Hinter dieser Tür verbarg sich das Meditationszimmer. Sie drückte die Klinke hinunter und atmete erleichtert auf, als die Türe tatsächlich nach innen nachgab. Mia öffnete sie einen Spalt breit und schlüpfte hindurch. Hastig stürmte sie hinüber zum Fenster. Sie wusste nicht, ob Bernhard auch die Zimmer kontrollieren würde, also wollte sie keine Zeit verlieren. So schnell sie konnte, stieg sie auf die Fensterbank und öffnete eines der deckenhohen Fenster. Kalte Nachtluft strömte ihr entgegen. Mia kletterte über den Fenstersims und sprang hinaus.
Sie landete zwischen der Hauswand und einer
Hecke, die am Gebäude entlang verlief. Sie folgte dem Spalt einige Meter,
dicht an der Hauswand entlang, um außer Sichtweite zu sein, falls Bernhard das
offene Fenster entdecken sollte. Dann wartete sie einige Minuten ab. Aber es
geschah nichts. Niemand, der das Licht einschaltete oder das Fenster schloss. Der
Park, der zur Klinik gehörte, lag frei vor ihr. Sie konnte entweder ums Haus
herum, immer an der Wand entlang zum Eingang, oder aber über die freie Wiese
hinüber zu dem kleinen Waldstück rennen. Von dort aus musste sie nur kleinen
Abhang hinunter, dann käme sie auf einen Waldweg, dem sie bis zum nächsten Dorf
folgen konnte. Der Waldweg war vermutlich die sicherere der beiden Optionen.
Vorne an der Straße konnte sie jederzeit entdeckt werden. Mia schlich weiter an
der Hauswand entlang, bis sie an der Stelle war, an der die Distanz zum Wald am
kürzesten war. Sie lauschte. Über sich hörte sie leise Stimmen. Irgendwo war
wohl ein Fenster geöffnet. Ansonsten hörte sie nur das sanfte Säuseln des
Windes im Gras und den Bäumen. In Gedanken zählte sie bis Drei. Dann stand sie
auf und lief los. Sie konnte nur hoffen, dass in den zehn oder zwanzig
Sekunden, die sie auf dem offenen Gelände war, niemand aus dem Fenster blickte.
Stolpernd erreichte sie die ersten Bäume, lief noch ein paar Schritte weiter
und blieb dann stehen. Außer Atem lehnte sie sich an einen Baum und blickte zum
Häuserblock der Klinik. Dort war alles ruhig. Die Fenster waren bis auf ein paar
wenige komplett dunkel. Nichts regte sich. Sie hatte es geschafft. Langsam
spürte sie Müdigkeit in sich aufkommen. Jetzt merkte sie, dass sie diese Nacht
erst zwei oder drei Stunden geschlafen hatte. Zu gerne hätte sie sich hier in
das Laub fallen lassen und für ein paar Sekunden die Augen geschlossen. Doch
sie wollte sicherheitshalber etwas mehr Abstand zwischen sich und die Klinik
bringen, falls ihr Fehlen doch aus irgendeinem Grund vor dem Morgengrauen
bemerkt wurde. Morgen früh könnte sie gleich den ersten Zug in eine größere
Stadt nehmen. Dann wäre sie vorerst sicher. Dort würde sie in der Masse der
Menschen untergehen. Sie blieb noch eine Minute sitzen, dann rappelte sie sich
wieder auf und machte sich auf den Weg.
Als die
Lichter des Dorfes vor ihr auftauchten, atmete sie erleichtert auf. Bei Tag war
ihr der Weg irgendwie kürzer vorgekommen. Es war erstmal nicht leicht gewesen,
den kleinen Hügel bei Dunkelheit hinunter zu kommen. Ständig hatte sie sich in
Ästen verhangen oder war über Wurzeln gestolpert. Auf dem Waldweg war sie dann
erstaunlich gut voran gekommen. Er war gerade breit genug, dass die Bäume eine
leichte Schneise bildeten, so dass ausreichend Mondlicht den Waldboden
erreichte. Bis zum Bahnhof war es nicht mehr weit. Sie hatte sich überlegt, bis
Köln zu fahren. Am liebsten wäre sie nach Berlin, aber das war nochmal zwei
Stunden weiter entfernt und sie wollte das Risiko nicht eingehen, dass sie bereits
an ihrem Zielbahnhof von Polizisten in Empfang genommen wurde, weil irgendwer
hier am Bahnhof sie erkannt hatte und noch wusste, in welchen Zug sie gestiegen
war. Auf dem Weg zum Bahnhof kam sie an einem Bankautomaten vorbei.
Kurzentschlossen hob sie 700 € von ihrem Ersparten ab. Der Ferienjob im letzten Sommer und die
Samstage in der Eisdiele zahlten sich aus. Mit dem Geld würde sie erst einmal
über die Runden kommen. Dass sie hier im Ort war würde niemanden überraschen,
der ihre Bankkarte checkte, aber für alles andere, waren sie auf die Aussagen
von Passanten angewiesen, wenn sie nach ihr suchten.
Als sie
am Bahnhof angekommen war, warf sie einen kurzen Blick auf die Fahrpläne. Dann lief sie
weiter an der Straße entlang, bis sie einen kleinen Waldweg fand. Laut einem
Schild führte er zu einer kleinen Kapelle auf dem Hügel. Sie ließ sich auf die nächstbeste Bank fallen. Hier würde in den nächsten Stunden hoffentlich
niemand vorbei laufen. Es war 3:24 Uhr. Zeit, nochmal die Augen zu schließen,
bevor um 6:30 Uhr die ersten Züge fahren würden. Sie zog sich ihre Kapuze ins
Gesicht und schob sich die Reisetasche unter den Kopf. Dann machte sie es sich
auf der Bank so bequem wie möglich.
Mal gucken, wer sie in der Nacht fressen wird. Bestimmt Zombies oder Aliens!
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