Montag, 6. April 2015

Neuer Blog & Schreibkick

Hallo ihr lieben,

es ist endlich geschafft, ich habe meinen Schreibkick fertig geschrieben.
Außerdem ist mein neuer Blog fertig. Den neuen Blog findet ihr unter: www.sabi-writing-whatever.com

Hier ist der ganze Text:

Vom Einen zum Anderen

Teil 1: Gehässige Schlangen und großartige Städte


Von weitem hört man das Donnern und sieht Blitze über den Himmel zucken. Es regnet, ist kalt und das Mädchen auf der Straße friert in ihrem dünnen Kleidchen, das durch das harte Leben auf der Straße völlig zerrissen ist. Mit großen, traurigen Augen sieht sie auf, als der reiche Rechtsanwalt mit der großen Villa an ihr vorbei läuft, und flüchtig zu ihr blickt, um dann sofort wieder den Blick zu senken und hastig seinen Weg fort zu setzen. Müde schließt das Mädchen die Augen, wischt sich das Regenwasser von der Stirn und die nassen Haare aus dem Gesicht. Als sie die Augen öffnet, steht ihr ein Mann in grüner Uniform gegenüber. Er mustert sie herablassend und geht weiter. Der Regen nimmt zu und das beginnt die Straße entlang zu rennen, auf der Suche nach einem Unterschlupf. Plötzlich hört sie aus dem prasselnden Regen ein Rascheln heraus. Sie blickt in die Richtung, aus der sie das Geräusch vernimmt. Ein Mann mit einem alten Strickpulli, alten Jeans und einer Wollmütze auf dem Kopf sitzt auf einer Treppe, die sie vorher noch nie wahrgenommen hat. Sie zögert kurz, geht dann jedoch auf die Treppe zu. Das obere Ende, an dem sich eine Türe befindet ist überdacht. Der Mann mustert sie, als sie sich vorsichtig in einigem Abstand auf der Treppe niederlösst. Dann reicht er ihr die Flasche hinüber. „Hier, das wärmt“. Mit trüben, von der Kälte fiebrigen Augen schaut das Mädchen den Mann an. „Aber du hast doch selbst kaum etwas“. Freundlich lächelt er ihr zu und sagt: „Genau deshalb.“ 

Der Wein brennt in ihrem Hals. Und doch fühlt es sich gut an. Für kurze Zeit gibt er ihr ein warmes, wohliges Gefühl.
„Wie heißt denn du?“ fragt der alte Mann sie. „Nili“, antwortet das Mädchen. Ihr richtiger Name ist eigentlich Nena-Lena, aber so wurde sie schon lange nicht mehr genannt.
„Nili, soso“, grunzt der Mann durch seinen Bart. „Kannst du mal auf die Tür aufpassen, Nili?“ Das Mädchen blickt ihn verwundert an. „Auf die Tür aufpassen?“
„Ja, ich muss mal schnell wo hin. Und durch die Tür darf keiner durch.“
„Was ist denn dahinter?“
„Keine Ahnung. Hab vor Jahren mal nen Blick riskiert. Da war ein grauer Gang. Nix spannendes. Rein bin ich nie. Also, schaffst du das?“
Nili überlegt kurz. Klingt eigentlich nicht weiter schwer. Hier sitzen und keinen rein lassen. „Ja, okay.“
„Gut, dann bis später.“
Der alte Mann steht auf und schlürft durch den Regen die Straße entlang. Nili blickt ihm noch eine Weile hinterher und dreht sich dann zu der Türe um. Es ist eine einfache Tür aus Metall. Nichts Besonderes. Keine Warnhinweise, keine Schilder. Sie sieht aus, wie ein Hintereingang zu irgendeinem Geschäft oder einer Fabrik. 

Nili steht auf und tritt auf die Türe zu. Vorsichtig legt sie ihre Hand auf die Klinke, blickt noch einmal die leere Straße entlang und drückt die Klinke hinunter. Die Tür ist schwer. Sie muss sich mit ihrem gesamten Gewicht dagegen stemmen, um sie zu öffnen. Als der Spalt breit genug ist, huscht sie schnell hindurch.  Hinter ihr fällt die Tür mit einem lauten Knall wieder ins Schloss. Nili steht in einem langen, grauen Gang, der sich endlos in die Länge zu ziehen scheint. Von hier aus sieht sie keine Abzweigungen und kein Ende. Auch weitere Türen sieht sie nicht. Alle paar Meter hängt eine nackte Glühbirne an der Wand. Vorsichtig geht Nili ein paar Schritte in den Gang hinein. An einem so seltsamen Ort war sie noch nie. Ein leichter Schauer läuft ihr über den Rücken. Noch einmal blickt sie zurück zur Tür. Kurz überlegt sie, einfach wieder hinaus zu gehen, doch ihre Neugier ist einfach zu groß. Entschlossen ballt sie ihre Hände zu Fäusten und geht weiter den Gang entlang.

Auch nach mehreren Minuten sieht sie vor sich nichts weiter als den grauen Gang. Sie mustert die Wände ganz genau, in der Hoffnung, irgendwelche Hinweise auf geheime Türen zu erkennen. Aber da ist nichts als nackter Beton. Was sollte das hier alles? Sie geht näher an die rechte Wand, um sie sich genauer anzusehen. Vorsichtig lässt sie ihre Finger darüber gleiten. Ganz normaler Beton. Kleine Hubbel und Rillen hier und da, ansonsten ist er ganz glatt. Sie seufzt. Irgendwie hatte sie sich das spannender vorgestellt. Sollte sie doch wieder zurück gehen? Sie blickt in die Richtung  aus der sie gekommen war und erstarrt vor Schreckt. Dort war nicht länger ein grauer Gang, an dessen Ende die Türe hätte sein sollen. Dort war eine Wegbiegung. Der Gang geradeaus endet und zwei Seitengänge fühen nach rechts und links. Hat sie die Seiten verwechselt? Schnell blickt sie in die andere Richtung, in die sie vorhin gelaufen war. Dort führt der Gang weiterhin geradeaus, wie gehabt. Auch keine Türe. Irritiert läuft sie zu der Wegbiegung und blickt in beide Richtungen. Auch dort keine Türe, nur ein endloser grauer Gang. Fieberhaft überlegt sie, was sie tun soll. Sie läuft einige Meter in den linken Gang hinein. Auch er scheint geradeaus zu gehen.  Als sie zurück blickt, sieht sie weiterhin die Kreuzung. Von hier konnte sie aber nicht gekommen sein. Schnell läuft sie zurück zur Kreuzung und blickt sich um. Ungläubig schüttelt sie den Kopf. Der Gang, in dem sie eben stand und die Wand angeschaut hatte, der schnurgerade verlief, geht nun nicht länger nur gerade aus. Da sind mehrere Seitenwege, bevor der Gang in einigen hundert Metern an einer T-Kreuzung wie dieser hier in einiger Entfernung endet. Ihr Herz beginnt zu pochen. Was ist das hier für ein Ort? Sie läuft los, in den Gang mit den vielen Abzweigungen hinein. Zu hören ist nichts weiter als ihre Schritte auf dem Asphalt und ihrem Atem. Langsam schlägt ihre Nervosität in Angst um. Sie beginnt zu rennen. Im Vorbeilaufen blickt sie in die Seitengänge. Manche führen nur geradeaus, in anderen erkennt sie weitere Seitengänge und Kreuzungen.  Irgendwann biegt sie ab. Es macht ohnehin keinen Unterschied, sie hat sich verlaufen. Sie hat keinerlei Orientierung mehr.  Das Echo ihrer eigenen Schritte und ihres Atems, der nun immer hektischer geht, geben ihr das Gefühl, verfolgt zu werden. Immer schneller stürmt sie durch die Gänge und um Ecken. Vor sich sieht sie immer neue Gänge, ein scheinbar endloses Labyrinth. Manchmal hat sie das Gefühl, eine Stelle bereits zu kennen, aber sicher ist sie sich nie. Ihre Lungen beginnen zu brennen und ihre Füße zu schmerzen, doch die Angst treibt sie weiter. 

Sie läuft endlose Minuten und hat schon lange kein Zeitgefühl mehr, als sie schließlich erschöpft stehen bleibt. Vollkommen außer Atem lehnt sie sich gegen die Mauern und lässt sich daran zu Boden sinken. Für ein paar Sekunden schließt sie schmerzverzerrt die Augen. Ihr ganzer Körper scheint von der Anstrengung zu brennen.
Als sie ihre Augen nach wenigen Sekunden wieder öffnet, endet der Gang vor ihr plötzlich und da ist eine Tür. Vollkommen verwundert schließt sie die Augen für einen Moment und öffnet sie dann wieder. Die Tür ist immer noch da. Es ist nicht die Tür von vorhin, sondern eine große, schwere Holztür. „Garandis – Stadt“ steht darauf in großen schwarzen Buchstaben.
Hastig steht Nili auf. Garandis, den Namen hat sie noch nie gehört. Aber die Tür scheint ein Ausgang zu sein.

Als sie die Tür öffnet, traut sie ihren Augen kaum. Vor ihr liegt eine Straße, die irgendwie zugleich aus einer Großtstadt und einem Dorf entsprungen scheint. Dort sind große, blitzende Wolkenkratzer, aber die Straße ist schmal, wie auf dem Land und von vielen saftig grünen Bäumen und Büschen gesäumt. Zwischendrin stehen aber auch kleine Häuer und die Dorfstraße geht plötzlich in riesige Kreuzungen über, wie man sie vielleicht in New York vermuten könnte. Warme Sommerluft strömt ihr entgegen. So seltsam die Umgebung ist, hat Nili doch das Gefühl, einen Ausgang gefunden zu haben. Der Blick in den Himmel scheint ihre Vermutung im ersten Moment  zu bestätigen. Doch dann bemerkt sie, dass die Wolken zu starr und zu gleichförmig sind. Erst auf den zweiten Blick erkennt sie, dass sie sich in einer riesigen Höhle befindet, deren Decke wie der Himmel an einem wunderschönen Frühlingstag bemalt ist. Obwohl sie die Erkenntnis, dass sie sich immer noch in dem seltsamen Gebäude befindet sie enttäuscht, ist sie doch gleichzeitig erleichtert, nicht mehr in dem Labyrinth fest zu stecken. Auf der Straße befinden sich außerdem ein paar Menschen. Vielleicht kann ihr ja jemand sagen, wo sich hier der Ausgang befindet.
Nili beschließt, einfach mal die Straße vor sich hinab zu gehen und sich ein wenig in dieser faszinierenden Stadt umzusehen. In den verglasten Wolkenkratzern schein sich an mehreren Stellen Sonnenlicht zu spiegeln. Sie hört Vogelgezwitscher. Und auch wenn sie keine Vögel sieht, beruhigt sie der Klang ein wenig. Es ist hier absolut windstill. Die Bäume stehen regungslos am Straßenrand, kein Rascheln ist zu hören. Autos fahren hier auch keine, trotzdem springen die Ampeln an den großen Kreuzungen regelmäßig um und auch die wenigen Fußgänger, die hier unterwegs sind, halten sich an die Ampelphasen.

Im Garten vor einem kleinen Einfamilienhaus sieht Nili einen alten Mann auf dem Rasen knien. Er hat eine Nagelschere in der Hand, lässt seine freie Hand immer wieder über den ebenmäßigen Rasen gleiten und schneidet hier und da ein paar Millimeter Gras ab. Nili beobachtet den Mann eine Weile und beschließt dann, ihn anzusprechen.
„Entschuldigung?“ Keine Reaktion. Sie versucht es nochmal etwas lauter. „Entschuldigen sie bitte?“
Jetzt hält der Mann in seinen Bewegungen inne, blickt aber nicht auf. Nili beschließt, es trotzdem zu versuchen. „Können sie mir vielleicht sagen, wo ich hier raus komme?“
Ein paar Sekunden passiert nichts, dann beginnt der Mann wieder, mit der einen Hand über den Rasen zu streichen. Wahrscheinlich ist er schwerhörig. Nili beschließt, ihr Glück beim nächsten Passanten zu versuchen, doch in dem Moment als sie sich umdrehen will, beginnt der Mann zu sprechen. „Im blauen Wolkenkratzer. Ganz oben.“
Sie sieht sich um. Tatsächlich. Gar nicht so weit weg von ihr, ragt ein dunkelblauer Wolkenkratzer empor.
„Der dunkelblaue da drüben?“
„Ja.“ Der Mann fährt ununterbrochen fort, über den Rasen zu tasten und hin und wieder die Nagelschere zu verwenden.
„Und wie soll oben in einem Wolkenkratzer ein Ausgang sein“, fragt Nili verwundert.
„Indem er dort ist“, lautet die unbeteiligte Antwort des Mannes.
„Danke“, antwortet Nili und wendet sich dann wieder der Straße zu. Sehr seltsam dieser Mann.
Sie beschließt noch einen weiteren Passanten zu fragen. Das Gespräch läuft ganz ähnlich. Er blickt sie nicht an, sondern geht einfach weiter seines Weges.

Nili beschließt, es einfach mal zu versuchen. Sie läuft in Richtung des dunkelblauen Wolkenkratzers, der vermutlich von überall in der Stadt zu sehen ist. Doch es führt keine Straße direkt darauf zu. Immer wieder muss sie abbiegen, ein Stück nach rechts oder links laufen, bevor eine Straße wieder ein Stückchen näher auf das Hochhaus zu führt. Das Ganze ist ziemlich frustrierend.  Irgendwann gelangt sie an eine Weggabelung. Die Straße auf der sie sich befindet teilt sich auf, wie der Griff einer Wünschelrute. Der eine Weg scheint leicht links am Wolkenkratzer vorbei zu laufen, der andere leicht rechts.  Genervt bleibt sie stehen und betrachtet die beiden Wege. Mit etwas Glück führen beide sie an ihr Ziel, aber hier unten lief bisher nichts so, wie sie sich das wünscht. Resigniert lässt sie sich auf die Straße sinken. I m Schneidersitz sitzt sie da und starrt auf die Gabelung vor ihr, als sie plötzlich ein Rascheln im Gebüsch bemerkt. Eine kleine, silberne Schlange kriecht dort aus der Hecke, direkt auf sie zu. Aber auch die Schlange sieht anders aus, als die Schlangen, die sie von Fotos oder aus Büchern kennt. Sie hat die Augen nicht an der Seite, und auch keine länglichen Pupillen. Stattdessen hat sie zwei große, runde Glubschaugen auf der Vorderseite des Kopfes. Damit sieht sie eher aus, wie ein selbstgebasteltes Sockenmonster. Langsam kriecht die Schlange auf sie zu. Nili steht auf. Sie weiß nicht, ob die Schlange giftig ist oder nicht. Dann hört sie eine säuselnde Stimme.
„Bleib ssstehen ssss… dasss issst guuuter Rat… ssss.“
Irritiert blickt Nili die Schlange an. „Du kannst sprechen“, ist das Einzige, was sie vor Erstaunen heraus bringt.
„Hör mir zzzuuuu“, säuselt die Schlange vor sich hin. „Du willsssst zzzzum Turm… ssss….“ Nili nickt.
„Folge dem rechten Weg ssss… dassss isssst guuuter Rat… ssss“
„Dem rechten Weg folgen? Und das führt mich zum Turm?“
„Genau… ssss…“
Nili grinste. Diese Stadt war schon seltsam. Ihre Schlangen waren redseliger als ihre Menschen.„Und der Turm bringt mich hier raus?“
„Jaaaa… ssss… dasss issst guuuter Rat… ssss“
Nili beschließt, der Schlange Glauben zu schenken. Letztendlich ist es egal. Sie muss sich für einen der beiden Wege entscheiden.
„Danke, Schlange“, Nili lächelt und winkt der Schlange zu, die gemächlich die Straße weiter hinauf kriecht. 

Dann betritt sie den Weg, den die Schlange ihr geraten hat. Es ist eine Landstraße, die fast durchgängig rechts und links von Einfamilienhäusern mit großen Gärten gesäumt ist. Auf einer Wiese stehen ein paar Apfelbäume. Nili klettert über den Zaun und sucht sich zwei der schönsten Äpfel aus. Sie hatte seit Stunden nichts mehr gegessen. Langsam merkt sie, wie sie hungrig wird.

Gut gelaunt beißt sie in einen der Äpfel und schlendert weiter die Straße entlang. Der Turm scheint endlich zügig näher zu kommen. Langsam wird es dunkler. Nili wundert sich ein bisschen, aber warum sollte es in einer Höhle, in der es taghell ist, nicht auch Nacht werden? Als sie während der aufkommenden Dunkelheit den ersten Grabstein in einem der Gärten entdeckt und eine Gänsehaut bekommt, muss sie über sich selbst lachen. Die Bewohner hier hatten eben ihre Marotten. Nur weil es gerade dunkel wird und hier ein Grabstein steht hat das noch nichts zu bedeuten. Doch kurz darauf entdeckt sie den nächsten Grabstein in einem Vorgarten. Wenige Häuser weiter stehen schon mehrere in einem Garten. Was ist das hier für eine komische Umgebung? Sie blickt zum Wolkenkratzer. Er kommt immer näher. Weit ist es nicht mehr. Sie läuft nun zügiger. Es wird immer dunkler und in den Gärten stehen immer mehr Grabsteine. Als sie sich einmal umdreht, um auf die Straße, die hinter ihr liegt zu blicken, bleibt sie wie angewurzelt stehen. Eine schwarze Wand, vollkommene Dunkelheit rast auf sie zu, umgibt sie von allen Seiten und schwappt dann wie ein nachtschwarzes Meer über sie herein. In dem Moment hört sie aus der Ferne eine Turmuhr schlagen. Mitternacht. Es herrscht Totenstille. Dann gehen am Straßenrand Gaslaternen an, die jedoch kaum in der Lage sind, die Umgebung zu erhellen. In ihrer Hand spürt sie etwas Matschiges. Etwas Fleischiges kriecht über ihre Hand. Entsetzt lässt sie den Apfel fallen und schüttelt ihre Hand. Der Apfel ist verfault, an ihren Fingern kleben Maden.

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