Nerds
Als David die Würfel rollen ließ traute er sich kaum
hinzuschauen. Es hing so ziemlich alles von diesem einen Wurf ab. Als die
Würfel zum stehen kamen, konnte er es kaum glauben. Zwei Einser. Ein kritischer
Fehlschlag. Martin, der Spielleiter der Gruppe, grinste. „Das geht dann wohl so
richtig schief.“ Der Rest der Gruppe seufzte. Sie waren so kurz davor gewesen,
den Kommandanten Edobald von ihrer Strategie zu überzeugen und somit das
Kommando über alle seine Leute zu übernehmen. Doch dafür hätte ihr
Krieger-Troll Gramon ihn davon überzeugen müssen, Ahnung von strategischer
Kriegsführung zu haben. „Das gibt’s doch nicht! Er kann gut genug täuschen, um
als Menschenfrau durchzugehen, aber er kann als Krieger keinen anderen Krieger
davon überzeugen, dass er Ahnung von dem hat, was er jeden Tag macht. Die
Würfel sind scheiße!“ Er legte sie in seinen Würfelbeutel und holte dafür zwei
andere heraus. „Na dann kannst du ja gleich mal rausfinden, ob diese dir mehr
Glück bringen,“ begann Martin. „Kommandant Edobald zweifelt nämlich gerade an
eurer ganzen Geschichte und wenn ihr ihn nicht davon überzeugen könnt, dass ihr
tatsächlich vom König gesandt seid, um ihn bei der Schlacht um Ilador zu
unterstützen, dann landet ihr im Kerker und kurz darauf verliert ihr
höchstwahrscheinlich euren Kopf.“ Maria blickte auf. „Laria schlägt ihm ein
Duell vor!“
„Kommandant Edobald blickt deine kleine, zierliche Elfe mit den eisblauen
Haaren an. ‚Soso, du willst kämpfen?‘,“ erwidert Martin.
„Laria schaut ihn genervt an. ‚Doch nicht ich,‘ und blickt in Richtung Gramon.“
„Gramon blickt Edobald herausfordernd an,“ mischt David sich nun in die
Diskussion mit ein.
„Okay David, dann versuch mal nochmal, ihn zu überzeugen.“ David grinste Martin
an. „Haha, wenn es ums kämpfen geht, macht ihm so schnell keiner etwas vor.“ Er
nahm seine Würfel in die Hand, schüttelte sie ein paar Mal und ließ sie rollen.
Gramon war froh, dass sich die Diskussion nun endlich wieder um etwas drehte,
wovon er Ahnung hatte. Von diesem ganzen strategischen Geplapper rauchte ihm
bereits der Kopf, daher war er Laria sehr dankbar für ihren Vorschlag. Er
wollte Kommandant Edobald gerade antworten, als ihm plötzlich die Worte
fehlten. Es war, als seien seine Gedanken wie weggefegt. „Nicht schon wieder,
das ist denn heute mit mir los?,“ dachte er bei sich. Es passierte ihm immer
wieder, dass er sich einer Sache sehr sicher war und im nächsten Moment
vergessen hatte, was er sagen wollte oder wie er etwas tun sollte. Kommandant
Edobald sah ihn fragend an, griste dann hämisch als er den verunsicherten Blick
in Gramons Gesicht entdeckte. „Ich glaube, euer Freund hier ist nicht so
begeistert von dieser Idee. Außerdem haben wir einen Krieg zu führen. Es bringt
glaube ich keinem etwas, wenn wir uns darum prügeln, wer das Sagen haben
sollte. Die Gefahr besteht immerhin, dass hinterher keiner von uns mehr in der
Lage ist, überhaupt noch etwas zu sagen. Ich schlage eine Partie Schach vor.
Gewinne ich, landet ihr im Kerker. Gewinnt ihr und zeigt mir, dass ihr Ahnung
von Strategie habt und mir tatsächlich nützlich sein könnt, bleibt ihr am
Leben. “ Laria wollte gerade zu einer Beleidigung ansetzen und den Kommandanten
darauf hinweisen, Schach nun mal so gar nichts mit einem echten Krieg zu tun
habe, als Gwinn, der dritte in der Gruppe, ein kleiner Goblin, ihr gegen das
Schienbein trat. Er hatte bemerkt, dass die umstehenden Soldaten einen Schritt
auf die Gruppe zugegangen und ihre Hände an die Schwertgriffe gelegt hatten.
Auch Gramon hatte die Bedrohlichkeit der Situation wahrgenommen und nickte
zustimmend. Dann also Schach. Er hatte keine Ahnung von diesem Spiel. Das
Einzige was er wusste war, dass es lange dauern konnte. Immerhin würde ihm das
etwas Zeit verschaffen, sich einen Plan zu überlegen, wie sie aus dieser Situation
heil heraus kommen. Ein Diener trug ein großes Brett aus dunklem Holz herein,
in welches schwarze und weiße Steine eingearbeitet waren und legte es auf einen
Tisch. Ein weiterer trug eine Kiste herein, öffnete sie, nahm Figuren heraus
und stellte sie auf das Brett. Gramon und Kommandant Edobald setzten sich gegenüber
an den Tisch. „Schonmal gespielt?“
Fragte Edobald. Gramon schüttelte mit dem Kopf. Kommandant Edobald grinste
siegessicher und begann, die Spielregeln zu erklären. Gramon brauchte einige
Zeit um sich zu merken, welche Figur sich wie bewegen durfte. Doch schließlich
begannen sie die Partie, die über Leben und Tod entscheiden sollte, falls sie
keinen anderen Ausweg fanden. Gramon bewegte seinen ersten Bauern.
Heute war wieder einer von diesen Tagen, an denen man sich besser in seiner
Schachtel verkrochen hätte. Aber er hatte ja keine Wahl. Jeden Tag versammelten
sie sich hier, um zu sehen, wer an diesem Tag mehr Macht hatte. Schwarz oder
Weiß. Darum drehte sich ihr gesamtes Leben. Aufstehen, raus aufs Schlachtfeld,
die Gegner niedermachen oder selbst untergehen. Meistens waren die
Entscheidungen sehr knapp. Beide Könige wussten, wie sie Ihre Gefolgsleute
motivieren können, welche Stärken und Schwächen sie hatten, wann sie angreifen
konnten und wann ein kontrollierter Rückzug angemessen war. Doch heute lief für
sie irgendwie alles schief. Die Partie hatte kaum begonnen und schon war er der
letzte Bauer auf dem Schlachtfeld. Er wusste, dass er wahrscheinlich das
nächste Opfer sein würde. Aber das war ihm heute eigentlich ganz recht. Er
fragte sich, warum sie überhaupt noch weiter machten und nicht längst die weiße
Fahne gehisst hatten. Seiner Meinung nach war es immer besser, sich die eigene
Niederlage einzugestehen, anstatt bis zum Schluss zu kämpfen und sich mit
dieser Sturheit bis aufs Mark zu blamieren. Er wünschte sich nichts sehnlicher
herbei, als endlich wieder heim in seiner Schachtel zu dürfen und sich an den
PC zu setzen. Gestern hatte er ein neues PC spiel entdeckt. Und es ging mal
nicht um Krieg! Es ging darum, den Alltag einer recht komplexen Lebensform zu
steuern. Dafür zu sorgen, dass sie genug Essen hatten, dass sie motiviert
waren, zur Arbeit zu gehen und sich somit ihren Lebensunterhalt zu verdienen
und ihnen zu helfen, beruflich aufzusteigen. Das Spiel nannte sich „Humanoid“.
Gestern waren seine Humanoide wiedermal gelangweilt und schlecht drauf gewesen
und er hatte beschlossen, eine neu freigeschaltete Freizeitbeschäftigung
auszuprobieren und wollte nun wissen, ob sie ihnen gefällt. Er hatte einige
Nachbarhumanoide zum „Rollenspiel“ eingeladen.
Bisher diesen Monat dabei:
www.storyplotter.blogger.de
http://schreibfee.blogspot.co.at/2014/01/das-spiel.html
Das Thema für den 01.01.2014 lautet: Lagerfeuergeschichten
www.storyplotter.blogger.de
http://schreibfee.blogspot.co.at/2014/01/das-spiel.html
Das Thema für den 01.01.2014 lautet: Lagerfeuergeschichten
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen