es ist endlich geschafft, ich habe meinen Schreibkick fertig geschrieben.
Außerdem ist mein neuer Blog fertig. Den neuen Blog findet ihr unter: www.sabi-writing-whatever.com
Hier ist der ganze Text:
Vom Einen zum Anderen
Teil 1: Gehässige Schlangen und großartige Städte
Von weitem hört man das Donnern und sieht Blitze über den
Himmel zucken. Es regnet, ist kalt und das Mädchen auf der Straße friert in
ihrem dünnen Kleidchen, das durch das harte Leben auf der Straße völlig
zerrissen ist. Mit großen, traurigen Augen sieht sie auf, als der reiche
Rechtsanwalt mit der großen Villa an ihr vorbei läuft, und flüchtig zu ihr
blickt, um dann sofort wieder den Blick zu senken und hastig seinen Weg fort zu
setzen. Müde schließt das Mädchen die Augen, wischt sich das Regenwasser von der
Stirn und die nassen Haare aus dem Gesicht. Als sie die Augen öffnet, steht ihr
ein Mann in grüner Uniform gegenüber. Er mustert sie herablassend und geht
weiter. Der Regen nimmt zu und das beginnt die Straße entlang zu rennen, auf
der Suche nach einem Unterschlupf. Plötzlich hört sie aus dem prasselnden Regen
ein Rascheln heraus. Sie blickt in die Richtung, aus der sie das Geräusch
vernimmt. Ein Mann mit einem alten Strickpulli, alten Jeans und einer Wollmütze
auf dem Kopf sitzt auf einer Treppe, die sie vorher noch nie wahrgenommen hat.
Sie zögert kurz, geht dann jedoch auf die Treppe zu. Das obere Ende, an dem
sich eine Türe befindet ist überdacht. Der Mann mustert sie, als sie sich
vorsichtig in einigem Abstand auf der Treppe niederlösst. Dann reicht er ihr
die Flasche hinüber. „Hier, das wärmt“. Mit trüben, von der Kälte fiebrigen
Augen schaut das Mädchen den Mann an. „Aber du hast doch selbst kaum etwas“.
Freundlich lächelt er ihr zu und sagt: „Genau deshalb.“
„Wie heißt denn du?“ fragt der alte Mann sie. „Nili“,
antwortet das Mädchen. Ihr richtiger Name ist eigentlich Nena-Lena, aber so
wurde sie schon lange nicht mehr genannt.
„Nili, soso“, grunzt der Mann durch seinen Bart. „Kannst du
mal auf die Tür aufpassen, Nili?“ Das Mädchen blickt ihn verwundert an. „Auf
die Tür aufpassen?“
„Ja, ich muss mal schnell wo hin. Und durch die Tür darf
keiner durch.“
„Was ist denn dahinter?“
„Keine Ahnung. Hab vor Jahren mal nen Blick riskiert. Da war
ein grauer Gang. Nix spannendes. Rein bin ich nie. Also, schaffst du das?“
Nili überlegt kurz. Klingt eigentlich nicht weiter schwer.
Hier sitzen und keinen rein lassen. „Ja, okay.“
„Gut, dann bis später.“
Der alte Mann steht auf und schlürft durch den Regen die
Straße entlang. Nili blickt ihm noch eine Weile hinterher und dreht sich dann
zu der Türe um. Es ist eine einfache Tür aus Metall. Nichts Besonderes. Keine
Warnhinweise, keine Schilder. Sie sieht aus, wie ein Hintereingang zu
irgendeinem Geschäft oder einer Fabrik.
Nili steht auf und tritt auf die Türe zu. Vorsichtig legt sie ihre Hand auf die
Klinke, blickt noch einmal die leere Straße entlang und drückt die Klinke
hinunter. Die Tür ist schwer. Sie muss sich mit ihrem gesamten Gewicht dagegen
stemmen, um sie zu öffnen. Als der Spalt breit genug ist, huscht sie schnell
hindurch. Hinter ihr fällt die Tür mit
einem lauten Knall wieder ins Schloss. Nili steht in einem langen, grauen Gang,
der sich endlos in die Länge zu ziehen scheint. Von hier aus sieht sie keine
Abzweigungen und kein Ende. Auch weitere Türen sieht sie nicht. Alle paar Meter
hängt eine nackte Glühbirne an der Wand. Vorsichtig geht Nili ein paar Schritte
in den Gang hinein. An einem so seltsamen Ort war sie noch nie. Ein leichter
Schauer läuft ihr über den Rücken. Noch einmal blickt sie zurück zur Tür. Kurz
überlegt sie, einfach wieder hinaus zu gehen, doch ihre Neugier ist einfach zu
groß. Entschlossen ballt sie ihre Hände zu Fäusten und geht weiter den Gang
entlang.
Auch nach mehreren Minuten sieht sie vor sich nichts weiter
als den grauen Gang. Sie mustert die Wände ganz genau, in der Hoffnung,
irgendwelche Hinweise auf geheime Türen zu erkennen. Aber da ist nichts als
nackter Beton. Was sollte das hier alles? Sie geht näher an die rechte Wand, um
sie sich genauer anzusehen. Vorsichtig lässt sie ihre Finger darüber gleiten.
Ganz normaler Beton. Kleine Hubbel und Rillen hier und da, ansonsten ist er
ganz glatt. Sie seufzt. Irgendwie hatte sie sich das spannender vorgestellt.
Sollte sie doch wieder zurück gehen? Sie blickt in die Richtung aus der sie gekommen war und erstarrt vor
Schreckt. Dort war nicht länger ein grauer Gang, an dessen Ende die Türe hätte
sein sollen. Dort war eine Wegbiegung. Der Gang geradeaus endet und zwei
Seitengänge fühen nach rechts und links. Hat sie die Seiten verwechselt?
Schnell blickt sie in die andere Richtung, in die sie vorhin gelaufen war. Dort
führt der Gang weiterhin geradeaus, wie gehabt. Auch keine Türe. Irritiert
läuft sie zu der Wegbiegung und blickt in beide Richtungen. Auch dort keine
Türe, nur ein endloser grauer Gang. Fieberhaft überlegt sie, was sie tun soll.
Sie läuft einige Meter in den linken Gang hinein. Auch er scheint geradeaus zu
gehen. Als sie zurück blickt, sieht sie
weiterhin die Kreuzung. Von hier konnte sie aber nicht gekommen sein. Schnell
läuft sie zurück zur Kreuzung und blickt sich um. Ungläubig schüttelt sie den
Kopf. Der Gang, in dem sie eben stand und die Wand angeschaut hatte, der
schnurgerade verlief, geht nun nicht länger nur gerade aus. Da sind mehrere
Seitenwege, bevor der Gang in einigen hundert Metern an einer T-Kreuzung wie
dieser hier in einiger Entfernung endet. Ihr Herz beginnt zu pochen. Was ist
das hier für ein Ort? Sie läuft los, in den Gang mit den vielen Abzweigungen
hinein. Zu hören ist nichts weiter als ihre Schritte auf dem Asphalt und ihrem
Atem. Langsam schlägt ihre Nervosität in Angst um. Sie beginnt zu rennen. Im
Vorbeilaufen blickt sie in die Seitengänge. Manche führen nur geradeaus, in
anderen erkennt sie weitere Seitengänge und Kreuzungen. Irgendwann biegt sie ab. Es macht ohnehin
keinen Unterschied, sie hat sich verlaufen. Sie hat keinerlei Orientierung
mehr. Das Echo ihrer eigenen Schritte und
ihres Atems, der nun immer hektischer geht, geben ihr das Gefühl, verfolgt zu
werden. Immer schneller stürmt sie durch die Gänge und um Ecken. Vor sich sieht
sie immer neue Gänge, ein scheinbar endloses Labyrinth. Manchmal hat sie das
Gefühl, eine Stelle bereits zu kennen, aber sicher ist sie sich nie. Ihre
Lungen beginnen zu brennen und ihre Füße zu schmerzen, doch die Angst treibt
sie weiter.
Sie läuft endlose Minuten und hat schon lange kein Zeitgefühl mehr, als sie schließlich erschöpft stehen bleibt. Vollkommen außer Atem lehnt sie sich gegen die Mauern und lässt sich daran zu Boden sinken. Für ein paar Sekunden schließt sie schmerzverzerrt die Augen. Ihr ganzer Körper scheint von der Anstrengung zu brennen.
Als sie ihre Augen nach wenigen Sekunden wieder öffnet,
endet der Gang vor ihr plötzlich und da ist eine Tür. Vollkommen verwundert
schließt sie die Augen für einen Moment und öffnet sie dann wieder. Die Tür ist
immer noch da. Es ist nicht die Tür von vorhin, sondern eine große, schwere
Holztür. „Garandis – Stadt“ steht darauf in großen schwarzen Buchstaben.
Hastig steht Nili auf. Garandis, den Namen hat sie noch nie gehört. Aber die Tür scheint ein Ausgang zu sein.
Hastig steht Nili auf. Garandis, den Namen hat sie noch nie gehört. Aber die Tür scheint ein Ausgang zu sein.
Als sie die Tür öffnet, traut sie ihren Augen kaum. Vor ihr
liegt eine Straße, die irgendwie zugleich aus einer Großtstadt und einem Dorf
entsprungen scheint. Dort sind große, blitzende Wolkenkratzer, aber die Straße
ist schmal, wie auf dem Land und von vielen saftig grünen Bäumen und Büschen
gesäumt. Zwischendrin stehen aber auch kleine Häuer und die Dorfstraße geht
plötzlich in riesige Kreuzungen über, wie man sie vielleicht in New York
vermuten könnte. Warme Sommerluft strömt ihr entgegen. So seltsam die Umgebung
ist, hat Nili doch das Gefühl, einen Ausgang gefunden zu haben. Der Blick in
den Himmel scheint ihre Vermutung im ersten Moment zu bestätigen. Doch dann bemerkt sie, dass die
Wolken zu starr und zu gleichförmig sind. Erst auf den zweiten Blick erkennt
sie, dass sie sich in einer riesigen Höhle befindet, deren Decke wie der Himmel
an einem wunderschönen Frühlingstag bemalt ist. Obwohl sie die Erkenntnis, dass
sie sich immer noch in dem seltsamen Gebäude befindet sie enttäuscht, ist sie
doch gleichzeitig erleichtert, nicht mehr in dem Labyrinth fest zu stecken. Auf
der Straße befinden sich außerdem ein paar Menschen. Vielleicht kann ihr ja
jemand sagen, wo sich hier der Ausgang befindet.
Nili beschließt, einfach mal die Straße vor sich hinab zu
gehen und sich ein wenig in dieser faszinierenden Stadt umzusehen. In den
verglasten Wolkenkratzern schein sich an mehreren Stellen Sonnenlicht zu
spiegeln. Sie hört Vogelgezwitscher. Und auch wenn sie keine Vögel sieht, beruhigt
sie der Klang ein wenig. Es ist hier absolut windstill. Die Bäume stehen
regungslos am Straßenrand, kein Rascheln ist zu hören. Autos fahren hier auch
keine, trotzdem springen die Ampeln an den großen Kreuzungen regelmäßig um und
auch die wenigen Fußgänger, die hier unterwegs sind, halten sich an die
Ampelphasen.
Im Garten vor einem kleinen Einfamilienhaus sieht Nili einen
alten Mann auf dem Rasen knien. Er hat eine Nagelschere in der Hand, lässt
seine freie Hand immer wieder über den ebenmäßigen Rasen gleiten und schneidet
hier und da ein paar Millimeter Gras ab. Nili beobachtet den Mann eine Weile
und beschließt dann, ihn anzusprechen.
„Entschuldigung?“ Keine Reaktion. Sie versucht es nochmal
etwas lauter. „Entschuldigen sie bitte?“
Jetzt hält der Mann in seinen Bewegungen inne, blickt aber
nicht auf. Nili beschließt, es trotzdem zu versuchen. „Können sie mir
vielleicht sagen, wo ich hier raus komme?“
Ein paar Sekunden passiert nichts, dann beginnt der Mann
wieder, mit der einen Hand über den Rasen zu streichen. Wahrscheinlich ist er
schwerhörig. Nili beschließt, ihr Glück beim nächsten Passanten zu versuchen,
doch in dem Moment als sie sich umdrehen will, beginnt der Mann zu sprechen. „Im
blauen Wolkenkratzer. Ganz oben.“
Sie sieht sich um. Tatsächlich. Gar nicht so weit weg von
ihr, ragt ein dunkelblauer Wolkenkratzer empor.
„Der dunkelblaue da drüben?“
„Ja.“ Der Mann fährt ununterbrochen fort, über den Rasen zu
tasten und hin und wieder die Nagelschere zu verwenden.
„Und wie soll oben in einem Wolkenkratzer ein Ausgang sein“,
fragt Nili verwundert.
„Indem er dort ist“, lautet die unbeteiligte Antwort des
Mannes.
„Danke“, antwortet Nili und wendet sich dann wieder der
Straße zu. Sehr seltsam dieser Mann.
Sie beschließt noch einen weiteren Passanten zu fragen. Das
Gespräch läuft ganz ähnlich. Er blickt sie nicht an, sondern geht einfach
weiter seines Weges.
Nili beschließt, es einfach mal zu versuchen. Sie läuft in
Richtung des dunkelblauen Wolkenkratzers, der vermutlich von überall in der
Stadt zu sehen ist. Doch es führt keine Straße direkt darauf zu. Immer wieder
muss sie abbiegen, ein Stück nach rechts oder links laufen, bevor eine Straße
wieder ein Stückchen näher auf das Hochhaus zu führt. Das Ganze ist ziemlich frustrierend. Irgendwann gelangt sie an eine Weggabelung.
Die Straße auf der sie sich befindet teilt sich auf, wie der Griff einer Wünschelrute.
Der eine Weg scheint leicht links am Wolkenkratzer vorbei zu laufen, der andere
leicht rechts. Genervt bleibt sie stehen
und betrachtet die beiden Wege. Mit etwas Glück führen beide sie an ihr Ziel,
aber hier unten lief bisher nichts so, wie sie sich das wünscht. Resigniert
lässt sie sich auf die Straße sinken. I m Schneidersitz sitzt sie da und starrt
auf die Gabelung vor ihr, als sie plötzlich ein Rascheln im Gebüsch bemerkt.
Eine kleine, silberne Schlange kriecht dort aus der Hecke, direkt auf sie zu.
Aber auch die Schlange sieht anders aus, als die Schlangen, die sie von Fotos
oder aus Büchern kennt. Sie hat die Augen nicht an der Seite, und auch keine
länglichen Pupillen. Stattdessen hat sie zwei große, runde Glubschaugen auf der
Vorderseite des Kopfes. Damit sieht sie eher aus, wie ein selbstgebasteltes
Sockenmonster. Langsam kriecht die Schlange auf sie zu. Nili steht auf. Sie
weiß nicht, ob die Schlange giftig ist oder nicht. Dann hört sie eine säuselnde
Stimme.
„Bleib ssstehen ssss… dasss issst guuuter Rat… ssss.“
Irritiert blickt Nili die Schlange an. „Du kannst sprechen“,
ist das Einzige, was sie vor Erstaunen heraus bringt.
„Hör mir zzzuuuu“, säuselt die Schlange vor sich hin. „Du willsssst
zzzzum Turm… ssss….“ Nili nickt.
„Folge dem rechten Weg ssss… dassss isssst guuuter Rat… ssss“
„Dem rechten Weg folgen? Und das führt mich zum Turm?“
„Genau… ssss…“
Nili grinste. Diese Stadt war schon seltsam. Ihre Schlangen waren
redseliger als ihre Menschen.„Und der Turm bringt mich hier raus?“
„Jaaaa… ssss… dasss issst guuuter Rat… ssss“
Nili beschließt, der Schlange Glauben zu schenken. Letztendlich
ist es egal. Sie muss sich für einen der beiden Wege entscheiden.
„Danke, Schlange“, Nili lächelt und winkt der Schlange zu,
die gemächlich die Straße weiter hinauf kriecht.
Dann betritt sie den Weg, den
die Schlange ihr geraten hat. Es ist eine Landstraße, die fast durchgängig
rechts und links von Einfamilienhäusern mit großen Gärten gesäumt ist. Auf
einer Wiese stehen ein paar Apfelbäume. Nili klettert über den Zaun und sucht
sich zwei der schönsten Äpfel aus. Sie hatte seit Stunden nichts mehr gegessen.
Langsam merkt sie, wie sie hungrig wird.
Gut gelaunt beißt sie in einen der Äpfel und schlendert
weiter die Straße entlang. Der Turm scheint endlich zügig näher zu kommen. Langsam
wird es dunkler. Nili wundert sich ein bisschen, aber warum sollte es in einer
Höhle, in der es taghell ist, nicht auch Nacht werden? Als sie während der
aufkommenden Dunkelheit den ersten Grabstein in einem der Gärten entdeckt und
eine Gänsehaut bekommt, muss sie über sich selbst lachen. Die Bewohner hier
hatten eben ihre Marotten. Nur weil es gerade dunkel wird und hier ein
Grabstein steht hat das noch nichts zu bedeuten. Doch kurz darauf entdeckt sie
den nächsten Grabstein in einem Vorgarten. Wenige Häuser weiter stehen schon
mehrere in einem Garten. Was ist das hier für eine komische Umgebung? Sie
blickt zum Wolkenkratzer. Er kommt immer näher. Weit ist es nicht mehr. Sie
läuft nun zügiger. Es wird immer dunkler und in den Gärten stehen immer mehr
Grabsteine. Als sie sich einmal umdreht, um auf die Straße, die hinter ihr
liegt zu blicken, bleibt sie wie angewurzelt stehen. Eine schwarze Wand,
vollkommene Dunkelheit rast auf sie zu, umgibt sie von allen Seiten und
schwappt dann wie ein nachtschwarzes Meer über sie herein. In dem Moment hört
sie aus der Ferne eine Turmuhr schlagen. Mitternacht. Es herrscht Totenstille.
Dann gehen am Straßenrand Gaslaternen an, die jedoch kaum in der Lage sind, die
Umgebung zu erhellen. In ihrer Hand spürt sie etwas Matschiges. Etwas
Fleischiges kriecht über ihre Hand. Entsetzt lässt sie den Apfel fallen und
schüttelt ihre Hand. Der Apfel ist verfault, an ihren Fingern kleben Maden.